Bedeutung ISO

Belichtungszeit und Blende regeln das am Sensor ankommende Licht

Schauen wir uns nocheinmal kurz die Vorderseite des „Papierbelichtungsmessers“ an:

Wie wir uns schon hier überlegt haben, kann man mit unterschiedlichen Pärchen aus Belichtungszeit und Blende(nzahl) gleiche Belichtung erzielen. 1/1000s mit f/2 ist aus Sicht der Belichtung gleichwertig mit 1/30s und f/11 auch wenn die beiden mit diesen Einstellungen gemachten Bilder hinsichtlich Bewegungsunschärfe und Schärfentiefe unterschiedlich aussehen.

Und welche Rolle spielt ISO?

ISO hat keinen Einfluss auf die Menge des Lichts, das am Sensor ankommt. Bei einer gegebenen Lichtsituation (also helle Sonne am Strand/im Schnee oder eine Straßenbeleuchtung in der Nacht) bestimmen nur die Belichtungszeit und die Blende wieviel Licht am Sensor ankommt. ISO ist eine Art Maßzahl für die Verstärkung des Messwertes, den der Sensor liefert. Das Messen des Lichts ist ja die Hauptaufgabe des Sensors (siehe auch hier).

Ein Photon (Lichtteilchen) kommt durch das Objektiv (passiert dabei am Weg die Blende) in die Kamera. Dort durchläuft es den geöffneten Verschluss und trifft dann auf den Sensor. Im Sensor löst das auftreffende Photon ein Elektron aus (hoffentlich, es gibt da einen gewissen Verlust). Wenn mehr Photonen auftreffen, entstehen mehr Elektronen. Pro „Sensel“ (das sind die „Pixel“ eines Sensors), treffen nur jene Photonen am Sensor auf, die durch das Farbplättchen durchkommen, das vor dem Sensel platziert ist („Bayer-Filter“ usw.). Die elektrische Spannung der entstandenen Elektronen kann man messen. Dieser Spannungswert wird dann im Analog-Digital Wandler (A/D Wandler) in einen Zahlenwert pro „Sensel“ umgewandelt. Ab dann liegt der Messwert digital vor, bei der Umwandlung des analogen Messwertes in den digitalen Wert gibt es einen gewissen Fehler. Eine ganzer Bereich von Spannungswerten wird dabei auf einen einzigen Zahlenwert abgebildet („Digitalisierungsfehler“). Im weiteren Verlauf der Signalverarbeitung werden dann dem jetzt digitalen Messwert einer bestimmten Farbe (R, G, B), die anderen zwei Farben „dazugeschätzt“, in dem man die benachbarten Sensel der entsprechenden Farben berücksichtigt („Demosaicen“, das Mosaik der Farbfilterplättchen Wegrechnen). Damit wird aus einem Sensel ein Pixel. Während dieses Vorgangs (oder kurz davor) werden auch diverse leichte Schärfungen vorgenommen, Motivkanten verstärkt, Randabdunkelungen korrigiert usw. Das ergibt dann eine Art interne RAW-Datei. Wenn dieses RAW-Datei in der Kamera weiterverarbeitet wird, entsteht z.B. ein out-of-camera (ooc) JPEG. Die im Prinzip gleiche RAW-Datei kann man auch z.B. auf eine SD-Karte abspeichern und in der Folge außerhalb der Kamera in einem sogenannten RAW-Konverter weiterverarbeiten.

Der ISO Wert macht eigentlich nichts anderes, als den Messwert eines Sensels zu verstärken. Das passiert entweder analog (also vor dem A/D-Wandler) oder digital (nach dem A/D-Wandler). Wenn die Verstärkung rein digital passiert, dann ist das im Wesentlichen eine einfache Multiplikation. Bei Olympus-Kameras z.B. mit dem Faktor 1 bei ISO 200 (Basis-ISO) mit dem Faktur 2 bei ISO 400 usw. Jedenfalls passiert die Verstärkung vor dem Demosaicen. Wenn die Verstärkung rein digital erfolgt, dann kann man die ISO-Werte mit geeigneten Werkzeugen auch am Computer in der Nachbearbeitung hochdrehen.

Was heißt das praktisch?

Praktisch sollte man vor allem im Hinterkopf behalten, dass bei den drei Parametern Belichtungszeit, Blende und ISO vor allem (fast ausschließlich) die ersten beiden entscheidend sind für das Rauschen. Nur die ersten beiden entscheiden, wieviel des vorhandenen Lichts wirklich am Sensor ankommt. Damit entscheiden auch vor allem diese beiden Werte, wie man „gut“ belichtet, d.h. wie man den Sensor optimal ausnutzt (siehe auch ETTR).

Idealerweise vertraust Du mir nicht blind, sondern probierst aus, ob das, was ich hier schreibe, überhaupt stimmt.

Selbst ausprobieren

Das wird hier kein wissenschaftliches Experiment, aber ein kleiner Versuch, den man leicht selbst nachmachen kann. Die Bilder, die ich verwende, sind mit der Olympus EM1.3 gemacht, sie sind aus den Belichtungsreihen.

Schritt 1: Foto (vom Stativ), mit nicht zu kurzer Belichtungszeit

Am besten arbeitet man vom Stativ. Man sucht sich ein passendes Motiv und belichtet bei Basis-ISO (bei der EM1.3 sind das ISO200) so, dass man eine nicht zu kurze Belichtungszeit hat. In meinem Fall 1/2s.

Ein Ausgangsbild bei Basis-ISO (bei der EM1.3 sind das ISO200)

Schritt 2: Reduktion der Belichtungszeit

Jetzt reduzieren wir bei weiteren Bildern die Belichtungszeit um jeweils einen Belichtungswert (engl.: exposure value – EV). Konkret halbieren wir jeweils die Lichtmenge durch Halbierung der Belichtungszeit, die am Sensor auftrifft. Dadurch werden die Bilder natürlich dunkler. Man könnte die Lichtmenge auch durch kleinere Blenden reduzieren oder durch eine Mischung aus Zeitreduktion und Blendenverkleinerung. Aber da die Blende die Schärfentiefe verändert, wird dann der Vergleich am Schluss schwieriger. (Durch Anklicken der Bilder werden diese größer dargestellt)

Schritt 3: Dunkelheit der Bilder durch höheres ISO ausgleichen

Wir können zwar durch ISO nicht mehr Licht zum Sensor bringen, aber wir können uns mit ISO das Bild aufhellen.

Schritt 4: Erster Vergleich vom Ausgangsbild mit dem per ISO aufgehellten Bild

Die beiden Bilder unterscheiden sich wenig überraschend bei oberflächlichem Vergleich nicht sehr stark. Einfach den Schieberegler in der Mitte bedienen und sich selbst einen Eindruck verschaffen

links: ISO 200 f/2.8 1/2s rechts: ISO 3200 f/2.8 1/30s

Wenn wir uns die beiden Bilder genauer ansehen, wird das Rauschen deutlich.

300% Zoom; wieder: links: ISO 200 f/2.8 1/2s rechts: ISO 3200 f/2.8 1/30s

Schritt 5: Die Bilder nicht mit ISO aufhellen, sondern im RAW-Konverter aufhellen

Diesmal haben wir die ISO nicht direkt in der Kamera erhöht, sondern in der Nachbearbeitung die Belichtung des RAW-Bildes erhöht (hier mit Capture One). Wie verhält sich das in der Nachbearbeitung aufgehellte Bild zum Bild das in der Kamera mit höherem ISO aufgenommen wurde.

links: in der Nachbearbeitung aufgehelltes Bild und rechts: Bild aufgenommen mit höherem ISO

Schauen wir uns die beiden Bilder wieder genauer an:

Vergleich im 300% Zoom: links: in der Nachbearbeitung aufgehelltes Bild und rechts: Bild aufgenommen mit höherem ISO

In diesem Bild rauscht das im Konverter aufgehellte Bild meiner Meinung nach etwas mehr. Teilweise schauen die Ergebnisse mit unterschiedlichen Konvertern auch leicht verschieden aus.
Manchmal gibt es kaum sichtbare Unterschiede. Jedenfalls sind die Unterschiede in Bereichen, die man vernachlässigen kann, speziell wenn man z.B. mit Topaz Denoise entrauscht.

Zusammenfassung

Das Rauschen hängt in erster Linie von der am Sensor auftreffenden Lichtmenge ab. In der Praxis bedeutet das konkret, dass man sich im ersten Schritt passende Blende und Belichtungszeit überlegen muss. Auf jeden Fall sollte man vermeiden, zu kleine Blenden oder zu kurze Belichtungszeiten durch ISO ausgleichen zu wollen. Dieser Ausgleich erfolgt immer auf Kosten eines höheren Rauschens.

Ein zweiter Aspekt für die fortgeschrittenen Fotografen ist, dass man ETTR nur bei Basis ISO betreiben sollte.

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